Reise durchs Dourotal - meine erste Wanderung in Portugal

12.03.2020

Bei einer ersten Wanderung in einem fremden Land stellen sich viele Fragen: Wie sind die Wege wirklich? Wie zuverlässig ist die Signalisation? Da ich nicht zu den Superhelden gehöre, habe ich meine erste Wanderung mit Vorsicht angetreten - und eine gute Erfahrung gemacht.

Als ich von der Mandelblüte im Dourotal las wusste ich: das will ich sehen! Das ist sicher so schön, wie die Lavendelblüte im letzten Sommer in Südfrankreich.

Eigentlich wollte ich schon in der ersten Woche diesen Ausflug von Porto aus machen. Aber durch die Feuchtigkeit des atlantischen Ozeans waren die Tage für mich "Gfrörli" trotz 12-16 Grad, drinnen wie draussen unangenehm kalt.


Am 11. März 2020 war es endlich soweit...

Im berühmten Bahnhof San Bento bin ich früh morgens in den Zug gestiegen. Reiseziel: Pocinho und von da aus ins Hotel in Torre de Moncorvo.  

Die Zugreise von Porto nach Pocinho dauert rund 3 Stunden, Unterbrechungen sind möglich, allerdings entstehen dadurch Pausen von ca. 3 Stunden.  

Unklar ist bei der Abreise noch, wie ich ganz am Ende des Dourotales in Pocinho, zu meinem Hotelzimmer komme. Der Bus fährt nur einmal am Tag. Natürlich bevor ich da ankomme.

  • Option 1: Taxi für 11 Euro
  • Option 2: laufen

Wandern oder doch nicht?

Ab Pocinho berechnete Google eine Wanderzeit von 2 Std. 24 Minuten und eine Steigung von etwas mehr als 300 Meter. Klang machbar, aber überzeugt war ich noch nicht:

  • Wie gut der Weg beschildert ist, konnte ich nicht einschätzen.
  • Da die Europakarte auf meinem GPS-Gerät nicht funktioniert, war für mich ein Loslaufen auf gut Glück kein Thema.
  • Entlang der alten Landstrasse (gelbe Linie), würde ich mich kaum verirren können. Aber ob das schön sein würde?

Mandelblüte ade!

Während der Zugfahrt zeigt sich: die Mandelblüte ist fast vorbei. Sie hat früher als vorgesehen angefangen und ich habe mich wegen des Wetters eine Woche später als geplant auf den Weg gemacht. Doch die Reise durch das Tal ist trotzdem ein eindrückliches Naturerlebnis.

Im Rückblick freue ich mich sogar, dass es einen Grund gibt, warum ich nächstes Jahr im Frühling nochmal ins Dourotal kommen "muss".

Wandern auf der alten Landstrasse

Von blossem Auge sieht die alte Landstrasse interessant aus. Es sind keine Autos zu sehen. Dauerverkehr ist also kein Problem. Ich laufe los, auch mit dem Hintergedanken, dass ich hier in der Pampa vielleicht ein Stück mitgenommen werde. 

Ich bin erstaunt, wie schnell Pocinho zu einem kleinen Punkt unten im Tal wird. Die Entfernung scheint weit, dabei bin ich erst ein paar Kilometer und einige Höhenmeter gelaufen. 

Vor mir sich breitet sich Schicht um Schicht eine herrliche und stille Landschaft in unterschiedlichsten Grün- und Blautönen aus. 

Dem folgt ein strahlender Sonnenuntergang, der vom runden Mond abgelöst wird. 

Ich bin froh, dass ich nicht das Taxi gewählt habe.

Jetzt fühlt sich alles 100% richtig an. Nicht nur die Entscheidung zu laufen, sondern die Entscheidung meine Zelte in der Schweiz abzubrechen, um statt einer gemütlichen Wohnung solche schöne Erlebnisse zu haben.

Der beste Taxifahrer ist gar keiner

Gerade krame ich nach meiner Taschenlampe, als ein kleiner weisser Lieferwagen, aus einer Abzweigung von rechts, vorbeiflitzt. Es ist das vierte (!) Auto, das während den 2 Stunden an mir vorbeifährt. Die Bremslichter leuchten auf, das Auto fährt im Rückwärtsgang zu mir zurück und ich werde freundlich etwas Unverständliches gefragt. Nach meiner Frage "Parlez-vous français? ...englisch?" sprechen wir französisch und das Gespräch dreht sich sofort um die Schweiz, denn der Fahrer hat viele Jahre in Sion in den Weinbergen gearbeitet.

Den Namen meines Hotels wusste ich nicht auswendig. Ohne Brille (wo ist die nur immer?) konnte ich es auf dem Handy nichts lesen und den Teil vom Strassenname den ich wusste, habe ich vermutlich falsch ausgesprochen. Nahe beim "Torre" ist es, das wusste ich noch.
Kein Grund für Verunsicherung. Der Fahrer hält genau vor dem richtigen Haus und winkt locker ab, als ich entgeistert frage, wie er das wissen konnte: "Ich kenne hier alles".  

Torre de Moncorvo

Das Städtchen und die Leute haben mir so gefallen, dass ich eine weitere Nacht im Hotel gebucht habe. Nicht zuletzt, weil Torre de Moncorvo nicht riesig ist. Ich hatte es mir kleiner vorgestellt und war positiv überrascht über die gute Infrastruktur und die vielen alten Gebäude.
Über das Städtchen erzähle ich mehr in einem Extrabericht.

Unsicherheiten einer Anfängerin

Elvira, die gute Fee im Hotel, lerne ich beim Frühstück kennen und erfahre von ihr, dass die "Ecopista do Sabor" gut markiert ist. Auch auf meiner Openstreetmap ist mit kleinen Punkten die Linie "Ecopista" gut sichtbar.

Ich entscheide mich den Rückweg wieder zu Fuss zu gehen, diesmal allerdings auf dem Wanderweg, der "Ecopista". Das ist für mich ein Abenteuer. Aus den diversen Berichte im Internet bin ich nie so richtig schlau geworden, wie sicher ich mir sein kann, dass die Wege gut bezeichnet sind.
In der Schweiz passiert es mir ja schon mal ab und zu, dass ich mich (auch mit Karte) verlaufe. Da nehme ich es meist locker, denn was soll mir in der Schweiz schon passieren? Aber hier in Portugal habe ich doch etwas Respekt.

Allerdings:

  1. ich weiss woher ich am Vortag kam und kann mich im Notfall an der Himmelsrichtung orientieren.
  2. ich kenne schon die alte Landstrasse, die immer in einiger Entfernung parallel zum Wanderweg verläuft und
  3. auch den Douro werde ich als Orientierungspunkt nutzen können.

Zwar habe ich keine Ahnung von der Signalisation des Wanderweges und mir fehlt sowohl eine ausgedruckte Karte als auch das GPS. Doch bis 17 Uhr habe ich genug Zeit, um einen Umweg zu machen, wenn ich mich doch verlaufen sollte.


Es ist gar nicht schwer

Den Beginn des Wanderweges finde ich leicht. Elvira hat mich darauf hingewiesen hat, dass er gleich neben dem portugiesischen Pendant zur "Landi" beginnt. Deshalb fällt mir das Plakat als Beginn des Weges auf das mir klar macht: hier beginnt der Weg.  

Portugieschische Wander-wegmarkierungen 

kurz darauf geniesse ich eine Lektion im Fach "portugiesische Wanderweg-markierung lesen":  

Es gibt also ein Zeichen für den rechten Weg, je eins fürs rechts und links abbiegen und eines für den falschen Weg. Ganz schön viele Varianten. Da sind die Schweizer Wanderwege bedeutend einfacher markiert. Da kann ja fast nicht schief gehen.

Ich komme gut durch. Eine Eigenheiten gibt es allerdings zu lernen: 

Wandern nach dem Ausschlussverfahren

Wenn ich an eine Abzweigung komme, sind alle Wege bis auf einen mit "der falsche Weg" beschriftet. 

Logischerweise muss der einzige Weg ohne Markierung der richtige sein. 
Logisch. Macht mich trotzdem unsicher. Aber nach 3 erfolgreichen Versuchen zeigt sich, dass meist wenige Metern nach der Abzweigung wieder eine "der richtige Weg"-Markierung kommt.

Was nicht stimmt sind die Angaben der Openstreet-map zur "Ecopista". Ich gebe es also bald auf den Laptop auszupacken, um zu überprüfen, wo ich bin. 

Nach kurzer Zeit sagt der Wegweiser, dass ich von den 9 km bereits über 3,5 geschafft habe. Das wundert mich sehr. Da der Ausblick auf Torre de Moncorvo so schön und die Bänke und Tische so einladend sind, bei angenehm warmen Temperaturen, beschliesse ich die erste Rast einzulegen und arbeite rund 2 Stunden am Konzept zum Buch "Emotionaler Missbrauch".

Danach wollen Hunger und Durst gestillt werden, doch dann geht es weiter.

Wandern von Torre de Moncorvo nach Pocinho

Der Wanderweg ist weiterhin gut bezeichnet und auch die gut sichtbare Landstrasse unten bestätigt mir mehrfach, dass ich auf Kurs bin (Bild links).

Immer wieder hat man einen wunderschönen Ausblick:


Fazit

Der Wanderweg ist durchgängig in so einem guten Zustand, dass auch Turnschuhe reichen würden. 

Nur am Ende des Wanderweges bin ich irritiert. Den Weg zum Bahnhof laufe ich auf der gefährlichen Hauptverkehrsstrasse, denn hier kann ich keine Markierung mehr finden. Gut kann ich zur Not in den Strassengraben springen...

Unterschätzt: Im Nordosten von Portugal ist es trocken und heiss

Habe ich die letzten Tage in Porto ständig gefroren und 3 Pullis und Strumpfhosen getragen, wird es in dieser Region 27 Grad heiß und bald wüsche ich mir, ich könnte Euch ein paar Grad in die Schweiz schicken und bekäme dafür, direkt hier in die Hügel, einen Sonnenhut zugeschickt.

Erst auf der Rückfahrt im Zug fällt mir ein, dass ich den Regenschirm dabei hatte. Der hätte mir den Mini-Sonnenbrand am rechten Arm und die Kopfschmerzen und Übelkeit am nächsten Vormittag wohl erspart. Dennoch: diese gute Erfahrung mit den Wegbezeichnungen macht Lust auf mehr.

Fernwanderweg GR 36

Schön, dass mich das Plakat beim Einstieg darauf hingewiesen hat, dass es sich bei diesem Wanderweg um einen Teil des "GR 36" handelt, der zu einem Netz der europäischen Fernwanderweg gehört. Da gibt es noch Vieles zu erwandern!


© 2019 besser-als-zuvor, Daniela Räber, 6356 Rigi-Kaltbad
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